
FAQ
Warum führen Wissenschaftler der Charité Tierversuche durch? Warum nutzen sie dafür am häufigsten Mäuse? Und welchen gesetzlichen Regelungen unterliegt ein Tierversuch?
Diese und viele weitere Antworten finden Sie in unseren FAQ.
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Fragen und Antworten zu Tierversuchen
Was ist ein Tierversuch?
Ein Tierversuch ist die Verwendung eines Tieres zur Beantwortung einer wissenschaftlichen Fragestellung, die zu Schmerzen, Leiden oder Schäden führen kann. Auch die Verwendung eines Tieres zur Herstellung, Gewinnung, Aufbewahrung oder Vermehrung von Stoffen, zur Organentnahme sowie zur Aus-, Fort- oder Weiterbildung zählt als Tierversuch.
Von der rechtlichen Seite her definiert das deutsche Tierschutzgesetz den Sachverhalt „Tierversuch“ etwas anders als die übergeordnete EU-Richtlinie. Obwohl die Unterschiede nur Nuancen betreffen, kann es hier zu Verwirrung und Unklarheit kommen, wenn es beispielsweise darum geht, Versuchstierzahlen zu interpretieren. Ein Detail: Nach deutschem Recht zählt auch die Gewinnung von Organen zu wissenschaftlichen Zwecken als Tierversuch (§7, Absatz (2) Tierschutzgesetz). Die EU-Richtlinie 2010/63/EU hingegen bezeichnet das Töten von Tieren allein zum Zwecke der Verwendung ihrer Organe oder Gewebe ausdrücklich nicht als Tierversuch (Artikel 3, 1). Vor diesem Hintergrund bergen Angaben etwa über die nach EU-Richtlinie gemeldete Anzahl von „nicht in Versuchen verwendete Tieren, die getötet wurden“ eine gewisse Unklarheit: Ob in der betreffenden Zahl Tiere enthalten sind, die zur Gewebeentnahme getötet wurden, geht aus der Formulierung nicht eindeutig hervor. Je nachdem, welche Definition von „Tierversuch“ man anlegt, sind beide Lesarten möglich.
Vor diesem Hintergrund verwenden wir auf dieser Webseite dort, wo nicht ausdrücklich auf deutsches Recht oder die EU-Regulierung Bezug genommen wird, einen möglichst inklusiven Begriff von „Tierversuch“.
Warum werden Tierversuche durchgeführt?
Für eine Reihe von Krankheiten gibt es bislang noch keine adäquaten Behandlungsmethoden. Dazu gehören Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems, Diabetes, HIV, Alzheimer und Parkinson. Dabei sind viele Fragestellungen so komplex, dass sie nicht durch tierfreie Methoden untersucht werden können. Es ist derzeit nicht möglich, ein System mit schlagendem Herzen, Blutdruck und einem funktionierenden Immunsystem in einer Zellkultur zu rekonstruieren oder einen Herzinfarkt mit allen Konsequenzen an einem Computer zu simulieren. Tierversuche werden gebraucht, weil komplexe Organismen wie der menschliche Körper bislang nicht in Gänze nachahmbar sind und es gerade im Bereich der Krankheitsentstehung eine große Zahl an vielschichtigen Prozessen und Interaktionen gibt, die noch erforscht werden müssen.
Für die Entwicklung und Zulassung von Arzneimitteln sind Tierversuche darüber hinaus aus Sicherheitsgründen zum Schutz der Patienten vor der klinischen Prüfung am Menschen gesetzlich vorgeschrieben. Die Wirksamkeit, Verträglichkeit und Qualität neuer Medikamente werden – genauso wie die anderer Medizinprodukte – streng kontrolliert. Für die Untersuchung von möglichen Wirkstoffen in der vorklinischen Phase werden sogar Tests an mindestens zwei verschiedenen Tierarten als erforderlich angesehen.
Alle Tierversuche an der Charité werden in enger Zusammenarbeit mit den Forschungseinrichtungen für experimentelle Medizin (FEM) und den Tierschutzbeauftragten der Charité geplant und durchgeführt. Die FEM sind als Zentraleinrichtung der Charité für die Zucht und Haltung der Tiere verantwortlich. Mit der Funktion der Tierschutzbeauftragten sieht der Gesetzgeber außerhalb der Überwachungsbehörde eine unmittelbare Kontrollinstanz in der jeweiligen Einrichtung vor, die auf die Einhaltung der Vorschriften, Bedingungen und Auflagen im Sinne des Tierschutzgesetzes vor Ort achtet. Die Tierschutzbeauftragten haben im Rahmen ihrer Befugnisse die Möglichkeit, Maßnahmen vorzugeben oder die Durchführung von Tierversuchsvorhaben mit sofortiger Wirkung auszusetzen. Des Weiteren beraten Sie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei der Antragstellung und Projektdurchführung im Sinne des Tierschutzes und bilden die Brücke zwischen den Forscherinnen und Forschern der Charité und der zuständigen Behörde, dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (LASeSo).
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um Tierversuche durchführen zu dürfen?
Tierversuche dürfen nur durchgeführt werden, wenn sie von den zuständigen Behörden - in Berlin das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) - genehmigt worden sind. In dem Genehmigungsantrag, der unausgefüllt schon mindestens zwölf Seiten umfasst, muss der Wissenschaftler oder die Wissenschaftlerin den geplanten Versuch umfassend wissenschaftlich und ethisch begründen.
Wichtig ist dabei unter anderem, dass das Tierschutzgesetz eindeutig zulässige Zwecke definiert, denen eine Fragestellung zuzuordnen sein muss. Im Fokus der Charité betrifft dies insbesondere die Zwecke: Grundlagenforschung, die Vorbeugung, Erkennung oder Behandlung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder körperlichen Beschwerden und die Erkennung oder Beeinflussung physiologischer Zustände oder Funktionen sowie die Entwicklung von Arzneimitteln. Darüber hinaus muss die Unerlässlichkeit des Versuchsvorhabens nachgewiesen werden, d.h. welche neuen Erkenntnisse mit dem Tierversuch gewonnen werden. Insbesondere muss schlüssig dargelegt werden, dass das Ziel des Vorhabens ausschließlich mit einem Tierversuch erreicht werden kann. Zur ethischen Bewertung trägt auch der Nachweis bei, dass der Versuch - im Sinne der 3R - nicht durch Alternativmethoden (Replacement) ersetzt werden kann, die Anzahl der Tiere auf ein unerlässliches Minimum begrenzt wird (Reduction), und die Belastung der Tiere so gering wie möglich gehalten wird (Refinement).
Der geplante Tierversuch muss schließlich in detaillierter Form inklusive der exakten Anzahl aller Tiere samt statistischer Ausführungen und aller geplanten Eingriffe an den Tieren beschrieben werden. Außerdem müssen Sach- und Fachkundenachweise aller am Tierversuch beteiligten Personen beigelegt werden.
Neben der EU-Richtlinie 63/10/2010/EU, dem Tierschutzgesetz und der Tierschutzversuchstierverordnung gilt an der Charité noch die institutseigene Charité-Tierschutz-Richtlinie. Die Richtlinie ist für alle Charité-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter, die in Tierversuchsvorhaben mitwirken, bindend.
Weitere Informationen zur rechtlichen Grundlage bietet die Seite Tierversuche-verstehen.de.
Wie verläuft die behördliche Überprüfung eines Antrages auf die Genehmigung eines Tierversuches?
Die Genehmigungsbehörde überprüft, ob ein Antrag vollständig und das Forschungsvorhaben nachvollziehbar sind.
Dabei wird sie von einer unabhängigen beratenden Kommission, der Tierversuchskommission, unterstützt (§15 TierSchG). Mindestens ein Drittel der Kommissionsmitglieder wird auf Vorschlag von Tierschutzorganisationen berufen. Die Kommission setzt sich darüber hinaus aus fachkundigen Tierärzten, Ärzten und Wissenschaftlern zusammen. Alle Mitglieder übernehmen diese Aufgabe ehrenamtlich. Sie beraten die Genehmigungsbehörde bei der Entscheidung über einen Antrag, indem sie eine Empfehlung abgeben. Zu jedem Tierversuchsantrag erhält die Behörde außerdem eine Stellungnahme der Tierschutzbeauftragten der Charité. Der Genehmigungsprozess soll laut Gesetz innerhalb von 40 Tagen abgeschlossen sein. Kommt die Behörde zu dem Schluss, dass alle Voraussetzungen erfüllt sind, genehmigt sie den Tierversuch. Das kann sowohl ohne als auch mit Auflagen geschehen (Änderung in der Anzahl der Tiere oder der Wahl der Methoden)
Weitere Informationen zum Genehmigungsverfahren finden sich auf den Seiten von Tierversuche-verstehen.de.
Wer trägt die Verantwortung für einen Tierversuch?
In Berlin tragen der Versuchsleiter oder die Versuchsleiterin sowie deren Stellvertretung für jedes einzelne genehmigte Projekt persönlich die Verantwortung.
Wer kontrolliert die Haltung und den Umgang mit Versuchstieren?
Aufgrund der komplexen Anforderungen unterschiedlicher Tierspezies an ihre Haltung, ihre Zucht und ihr Wohlbefinden liegen die Haltung und der Umgang mit den Versuchstieren in der Regel in der Hand einer darauf spezialisierten „Versuchstierhaltung“, in der entsprechendes Fachpersonal tätig ist.
An der Charité sind das die Forschungseinrichtungen für experimentelle Medizin (FEM). Zum Fachpersonal der FEM gehören Tierpfleger mit Fachrichtung Forschung und Klinik und Fachtierärzte für Versuchstierkunde. Wer Tiere zu Versuchszwecken züchten und halten möchte, benötigt dazu eine behördliche Erlaubnis. Bei der Beantragung dieser Erlaubnis muss die gesetzlich geforderte Fachkunde der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Umgang mit Tieren nachgewiesen werden.
Die zuständige Behörde kontrolliert zudem in regelmäßigen Abständen die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Rahmenbedingungen. Dazu gehören unter anderem Raumgröße, Temperatur, Belüftung, Geräuschbelastung und Beleuchtung. Vor Ort wird die Versuchstierhaltung durch die Tierschutzbeauftragten der Charité kontrolliert, die auch die Durchführung der genehmigten Tierversuchsvorhaben überprüft. Bei Abweichungen in der Haltung oder im Umgang mit den Tieren hat der oder die Tierschutzbeauftragte im Rahmen seiner Befugnisse die Möglichkeit, Maßnahmen vorzugeben oder die Durchführung von Tierversuchsvorhaben mit sofortiger Wirkung auszusetzen.
Was ist der Nutzen von Tierversuchen in der klinischen Forschung?
In der Krankenversorgung sind die meisten der heute genutzten medizinischen Therapien und Behandlungen sowie viele Diagnoseverfahren mit Hilfe von Tierversuchen entwickelt worden. Die medizinische Forschung hat dabei das Leben unzähliger Menschen gerettet oder verbessert. Im Fokus einer klinisch forschenden Einrichtung wie der Charité-Universitätsmedizin liegen die Vorbeugung, das Verständnis und Behandlung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder körperlichen Beschwerden bei Menschen.
Auch klinisch orientierte Grundlagenforschung hat ein weites Spektrum an Tiermodellen. Ein direkter Bezug zum Nutzen des Patienten ist bei Fragestellungen der Grundlagenforschung nicht immer leicht herzustellen. Meist führen viele Teilerkenntnisse erst später zur Beantwortung einer wissenschaftlichen Fragestellung. Die Translation, also die Übertragung von Forschungsergebnissen in die Klinik, ist vom Gesetzgeber aus Sicherheitsgründen umfangreich geregelt. Bei den heute in der Klink angewendeten Verfahren ist deren Sicherheit für den Patienten mit Hilfe von Tierversuchen abgesichert worden.
Der Nutzen von Tierversuchen liegt also ganz konkret in der Erforschung der Ursachen von Krankheiten und der Entwicklung neuer Behandlungsansätze sowie im Schutz des Patienten vor den Risiken neuartiger Therapie- und Behandlungsmöglichkeiten.
Lassen sich Erkenntnisse aus Tierversuchen überhaupt auf den menschlichen Organismus übertragen?
Ein Blick in die Medizingeschichte beweist, wie relevant die Forschung an Tieren für den Menschen ist. Viele der bedeutenden, medizinischen Erkenntnisse der letzten 100 Jahre sind direkt auf Tierexperimente zurückzuführen. Beispiele dafür sind Antibiotika, Insulin für Diabetiker, Bluttransfusionen, bis hin zu grundlegendem Wissen darüber, dass Bakterien krankmachen können sowie die Entdeckung verschiedener Viren.
Alle Wirbeltiere (Säugetiere, Vögel, Reptilien, Amphibien und Fische) sind sich sehr ähnlich, da sie von gemeinsamen Vorfahren abstammen und somit ihr Aufbau den gleichen Prinzipien folgt. Alle haben gleichartige Organe (Herz, Lunge, Leber, usw.), die sehr ähnlich funktionieren und über den Blutkreislauf und das Nervensystem gesteuert werden. Diese Ähnlichkeit geht so weit, dass man sogar verschiedene tierische Hormone zur Behandlung von kranken Menschen benutzen kann, bei denen sie gleiche Wirkungen haben (z.B. Insulin von Schweinen und Kühen, Calcitonin vom Lachs, Oxytocin und Vasopressin von Schweinen). Selbst Tiere, die nur entfernt mit uns verwandt sind, zeigen viele Gemeinsamkeiten. Zum Beispiel nutzen menschliche Zellen genau wie die von Insekten den Hedgehog-Signalweg zur Kommunikation während der Embryonalentwicklung. Die Entschlüsselung dieses Mechanismus in Fruchtfliegen hat unter anderem zur Entwicklung des Hautkrebsmedikaments Vismodegib geführt. Durch die Grundlagenforschung wissen wir, welche Systeme in welchen Tieren eine hohe Ähnlichkeit mit dem Menschen haben, sodass hier eine hohe Übertragbarkeit angenommen bzw. nachgewiesen werden kann.
Unterschiede zwischen den Arten können sogar von besonderem Interesse sein, denn Übertragbarkeit ist nicht Voraussetzung für Relevanz. Wenn wir z.B. besser verstehen, warum der Nacktmull resistent gegen Krebs ist, oder wie das Axolotl es schafft, ein abgetrenntes Bein oder andere Gewebe einfach nachwachsen zu lassen, könnte das zu völlig neuen Therapien für den Menschen führen. Diese Forschung an Tieren trägt so zu einem besseren Verständnis der Eigenschaften und Besonderheiten von Tierarten bei und hilft auf diese Weise bei der Weiterentwicklung unserer ethischen Betrachtung und Wahrnehmung von Tieren.
Mit welchen Tieren wird an der Charité geforscht?
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Charité forschen überwiegend an Mäusen und Ratten, da bei beiden Tierarten für die meisten Fragestellungen geeignete, spezifisch gentechnisch veränderte Linien zur Verfügung stehen. Aber auch andere Spezies, z.B. Fische wie der Zebrabärbling (Danionella rerio) und der Kristallbärbling (Danionella translucida) werden in der biomedizinschen Grundlagenforschung eingesetzt und gewinnen immer größere Bedeutung, da sie sich für die Untersuchung von Krankheiten wie Alzheimer oder Krebserkrankungen eignen. Zur Erforschung von Herz-Kreislauferkrankungen und Knochenheilung werden hingegen eher Schafe, Schweine sowie Meerschweinchen und Kaninchen eingesetzt, da die Größenverhältnisse für z.B. Implantate dem Menschen nahekommen oder die Knochenheilung ähnlich verläuft.
Welche Tierart ein Wissenschaftler verwendet richtet sich danach, mit welchem Modell eine bestimmte wissenschaftliche Fragestellung am genauesten untersucht werden kann und welche die am besten auf den Menschen übertragbaren Ergebnisse liefert.
Wie wird mit den Tieren an der Charité geforscht?
Die biomedizinische Forschung unterschiedlicher klinischer Disziplinen ist sehr vielfältig. Viele Versuchstiere werden nicht in einem klassischen Tierversuch genutzt, sondern schmerzfrei getötet, um Zellen oder Gewebe für weitere Untersuchungen zu gewinnen. Der Anteil dieser Forschung ist in den letzten Jahren stark angestiegen und das bedeutet, dass das Tier als sensibles Lebewesen keine Schmerzen, Leiden oder Schäden in einer Untersuchung oder durch eine Behandlung erfahren muss.
In der klinischen Forschung geht es immer um ein besseres Verständnis der Krankheitsentstehung und um die Verbesserung der Therapie im Vergleich zur aktuellen Praxis. Davon kann der Patient auf Grund der Nähe zur Klinik direkt profitieren.
Die Charité ist mit ihren vielen klinischen Disziplinen auch forschungsseitig breit aufgestellt und arbeitet parallel an mehreren Forschungsschwerpunkten. Einer dieser Forschungschwerpunkte sind neurodegenerative Erkrankungen. Auch dafür existieren gentechnisch veränderte Mauslinien, bei denen ein oder mehrere Gene verändert wurden. Diese werden dann beispielsweise in Verhaltenstests eingesetzt, in denen untersucht wird, wie sich die Tiere in einer neuen Umgebung verhalten, wie ihr Lernvermögen ist oder ob es Veränderungen im Sozialverhalten gibt.
Wie viele Tiere leben derzeit in den Versuchstierhaltungen der Charité?
In den Versuchstierhaltungen leben aktuell rund 55.000 Tiere, überwiegend Mäuse und Ratten. Der Bedarf an anderen Tierarten wie Kaninchen, Meerschweinchen, Schweinen und Schafen lag zuletzt bei unter 0,5%. Hinzu kommen rund 5000 Fische.
Welchen Stellenwert hat die Forschung nach Alternativmethoden?
Die Umsetzung des 3R-Prinzips und damit auch die Forschung nach Alternativmethoden besitzen einen sehr hohen Stellenwert, sowohl in Deutschland als auch international. Die 3R wurden inzwischen in verschiedenen nationalen und internationalen Codizes sowie in Gesetzen verankert, zum Beispiel in der EU-Richtlinie 2010/63 zum Schutz von Versuchstieren und im deutschen Tierschutzgesetz. Auf dieser Grundlage sind nationale, internationale und supranationale Gremien entstanden, die es sich zum Ziel gesetzt haben, die Entwicklung von Alternativmethoden und ihre Anerkennung durch Gesetze zu fördern. Auf nationaler Ebene ist die Zentralstelle zur Erfassung und Bewertung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zu Tierversuchen (ZEBET) ein Beispiel dafür, auf europäischer Ebene das europäische Zentrum für die Validierung von Alternativmethoden (ECVAM).
Mit dem Bekenntnis zur Basler Deklaration, die auch von der Charité unterzeichnet wurde, haben sich zudem inzwischen rund 4.000 Spitzenwissenschaftler dazu bekannt, bei Tierversuchen nach den höchsten ethischen Prinzipien zu handeln. Dazu zählt unter anderem – und sofern möglich – der Einsatz von Alternativmethoden.
Zudem unterstützen und fördern unter anderen das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) sowie die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) die Entwicklung von Alternativmethoden. Auch die einzelnen Bundesländer, Forschungsinstitute und Wissenschaftler selbst haben ein Interesse daran, neue Alternativ- und Ergänzungsmethoden zu entwickeln, wie auch die Gründung von Charité 3R zeigt.
Was sind transgene Tiere?
Die DNS (Desoxyribonukleinsäure) enthält die Erbinformation eines Organismus. Sie dient als eine Art "Blaupause" für die verschiedenen Proteine die in einer Zelle hergestellt werden und die wesentlich die Eigenschaften der Zelle bestimmen. Der DNS-Abschnitt, der für ein bestimmtes Eiweiß (Protein) kodiert, wird als Gen bezeichnet. Seit Mitte der 1980er Jahre werden in der Forschung herkömmliche Versuchstiere zusehends durch gentechnisch veränderte Tiere ersetzt. Solch ein transgenes Tier trägt im Erbgut seiner Körperzellen also ein verändertes Stück Erbinformation. Genetische Veränderungen können auch durch Mutationen entstehen.
Mit gentechnischen Methoden lassen sich zum Beispiel bestimmte Gene, die beim Menschen eine Krankheit auslösen, ins Erbgut einer Maus einbringen. Dieses Tier zeigt dann ein ähnliches Krankheitsbild wie der von der Krankheit betroffene Mensch. Es ist auch möglich, ein bestimmtes Gen zu entfernen oder abzuschalten (Knock-out).
Anhand der Veränderungen können Rückschlüsse auf die Wirkweise der ausgeschalteten oder eingeschleusten Gene gezogen werden. Die Wissenschaft entwickelt durch die Forschung mit transgenen Tieren ein tieferes Verständnis der Ursachen genetisch-bedingter Krankheiten. Dieses Wissen hilft bei der Entwicklung neuartiger Therapieverfahren. In Knock-out-Mäusen wird beispielsweise gezielt eine bestimmte genetische Eigenschaft ausgeschaltet, um die Auswirkungen dieser fehlenden Eigenschaft auf den Organismus zu untersuchen. Auf diese Weise werden etwa angeborene Immunschwäche- oder Stoffwechselkrankheiten erforscht, die häufig aufgrund eines fehlerhaften oder inaktiven Gens entstehen.
Was bedeuten Belastungsgrade?
Die Kategorien der Belastungsgrade und wie die Versuche in diese Kategorien eingeteilt werden müssen, sind in der Richtlinie 2010/63/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2010 zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere festgelegt. Die genauen Definitionen lauten im Überbick:
Keine Wiederherstellung der Lebensfunktion: Verfahren, bei denen Tiere ohne Vorbehandlung zu wissenschaftlichen Zwecken getötet werden oder Versuche, die gänzlich unter Vollnarkose durchgeführt werden, aus der das Tier nicht mehr erwacht, werden als „keine Wiederherstellung der Lebensfunktion“ eingestuft.
Gering: Verfahren, die bei den Tieren kurzzeitig geringe Schmerzen, Leiden oder Ängste verursachen sowie Verfahren ohne wesentliche Beeinträchtigung des Wohlergehens oder des Allgemeinzustands der Tiere, werden als „gering“ eingestuft.
Mittel: Verfahren, die bei den Tieren kurzzeitig mittelstarke Schmerzen, mittelschwere Leiden oder Ängste oder lang anhaltende geringe Schmerzen verursachen sowie Verfahren, die eine mittelschwere Beeinträchtigung des Wohlergehens oder des Allgemeinzustands der Tiere verursachen, werden als „mittel“ eingestuft.
Schwer: Verfahren, die bei den Tieren starke Schmerzen, schwere Leiden oder Ängste oder lang anhaltende mittelstarke Schmerzen, mittelschwere Leiden oder Ängste verursachen sowie Verfahren, die eine schwere Beeinträchtigung des Wohlergehens oder des Allgemeinzustands der Tiere verursachen, werden als „schwer“ eingestuft.