Metanavigation:

Hier finden Sie den Zugang zur Notfallseite, Kontaktinformationen, Barrierefreiheits-Einstellungen, die Sprachwahl und die Suchfunktion.

Navigation öffnen

02.03.2021

Charité 3R Symposium - geförderte Projekte stellen sich vor

Zurück zur Übersicht

Sie befinden sich hier:

Während der Postersession konnten die Teilnehmenden von Raum zu Raum wandern und in kleineren Gruppen über die einzelnen Posterbeiträge diskutieren und Fragen stellen.
Während der Postersession konnten die Teilnehmenden von Raum zu Raum wandern und in kleineren Gruppen über die einzelnen Posterbeiträge diskutieren und Fragen stellen.
"Wer mit Tieren forscht, ist gleichzeitig verpflichtet, energisch nach Alternativen zu suchen", sagte Prof. Axel Radlach Pries, Dekan der Charité, in seiner Begrüßungsrede zu Beginn der Veranstaltung.
"Wer mit Tieren forscht, ist gleichzeitig verpflichtet, energisch nach Alternativen zu suchen", sagte Prof. Axel Radlach Pries, Dekan der Charité, in seiner Begrüßungsrede zu Beginn der Veranstaltung.
Prof. Stefan Hippenstiel, Sprecher von Charité 3R, stellte in seinen Grußworten die unterschiedlichen Handlungsfelder und Förderlinien von Charité 3R vor.
Prof. Stefan Hippenstiel, Sprecher von Charité 3R, stellte in seinen Grußworten die unterschiedlichen Handlungsfelder und Förderlinien von Charité 3R vor.
Im Anschluss an das Symposium trafen sich die Teilnehmenden an virtuellen Tischen und tauschten sich über das Symposium und andere Themen aus.
Im Anschluss an das Symposium trafen sich die Teilnehmenden an virtuellen Tischen und tauschten sich über das Symposium und andere Themen aus.

Von der Niere aus dem 3D-Drucker über eine wissenschaftliche Recherche-Plattform bis hin zur Schaukel im Mäusekäfig: Gut zwei Jahre nach Gründung von Charité 3R wurden im Rahmen eines Online-Symposiums am 24. Februar mehr als 20 geförderte Projekte vorgestellt, die sich auf ganz unterschiedliche Weise dem 3R-Prinzip Replace – Reduce - Refine nähern. Zum Abschluss gab es noch einen Poster Award und drei erste Plätze.

Dass eine akademische Institution ein eigenes Zentrum für die Stärkung des 3R-Prinzips gründet, ist etwas Besonderes. Inzwischen blickt Charité 3R auf etwas mehr als zwei Jahre Netzwerkarbeit, 33 geförderte Projekte und zahlreiche wissenschaftliche Publikationen zurück.

Grund genug also, die Arbeiten einem breiteren Publikum einmal genauer vorzustellen. Es gehe nicht darum, Tierversuche vollkommen aus der biomedizinischen Forschung zu verbannen, erklärte Charité-Dekan Prof. Axel Radlach Pries in seiner Begrüßungsgangsprache vor rund 200 virtuellen Teilnehmenden. Denn so weit sei man noch nicht. Aber: „Wer mit Tieren forscht, ist gleichzeitig verpflichtet, energisch nach Alternativen zu suchen und alles dafür zu tun, Tierleid zu reduzieren.“

Finanzierungslücken schließen, Netzwerke knüpfen
Charité 3R kommt dieser Verpflichtung mit unterschiedlichen Förderlinien nach. Im Fokus der Symposiums-Vorträge standen die drei Förderlinien Refinement, Adding 3R value und 3R Technology Platforms. Während es bei der Refinement-Förderung um die Verbesserung der Lebensbedingungen von Versuchstieren geht, sei es in Form von Schmerz- oder Stressreduktion oder einer artgerechteren Haltung, unterstützt die Förderlinie Adding 3R value bereits bewilligte Drittmittelprojekte, die ihr Forschungsvorhaben um einen 3R-Aspekt erweitern. Die dritte Linie fördert Technologieplattformen innerhalb der Charité-Community, mit deren Hilfe Tierversuche reduziert oder ersetzt werden können.

„Unser Ziel ist es, Projekte mit 3R-Potenzial zu fördern und Lücken in der Finanzierung der Umsetzung des 3R-Prinzips zu schließen“, erläuterte Charité-Sprecher Prof. Stefan Hippenstiel die Förderaktivitäten von Charité 3R. „Dafür nehmen wir zum einen viel Geld in die Hand, auf der anderen Seite schaffen wir auch Netzwerkstrukturen, um Know-how und Infrastruktur mit möglichst vielen Forschungsgruppen zu teilen.“

Menschliche Lungenzellen statt Mausmodell
Beispiel Infektionsforschung: Hier nutzen Charité-Forschende zunehmend Lungenmodelle, um Lungenentzündungen oder die Pathologie von Viruserkrankungen zu erforschen. Das Besondere daran ist, dass die Gewebeproben von operierten Patientinnen und Patienten stammen und die menschliche Lunge somit detailreich abbilden. Charité-Doktorand Morris Baumgardt testet an ex-vivo-Lungenkulturen und Lungen-Organoiden (Mini-Lungen aus menschlichem Zellmaterial gereift) verschiedene antivirale Substanzen gegen Influenza, neuerdings auch Substanzen gegen SARS-COV-2. In seinem Vortrag stellte der Infektionsmediziner fest: „Beide Modelle besitzen zahlreiche Zelltypen, lassen sich problemlos mit Influenza A oder Coronaviren infizieren und sind für das Drug-Testing sehr gut geeignet.“ Im Direktvergleich hätten Organoide einige Vorteile gegenüber dem Lungengewebe, berichtete er. Die gezüchteten Mini-Organe seien länger haltbar, weniger abhängig von geliefertem Gewebematerial und erlaubten tiefere Analysen. Längerfristig schwebt Baumgardt eine Biobank für personalisierte Anwendungen im Krankheitsfall vor. Die Arbeit zeigt sehr anschaulich, dass wichtige aktuelle Fragen auch ohne Mausmodelle beantwortet werden können.

Daten nutzen, Tierversuche vermeiden 
Ein wenig abstrakter, aber nicht weniger 3R-fokussiert ist die Arbeit der „CAMARADES“-Initiative mit ihrer Online-Reviewplattform „Collaborative Approach to Meta-Analysis and Review of Animal Data from Experimental Studies” ist angedockt ans QUEST Center des Berlin Institute of Health (BIH) und setzt sich für eine bessere Qualität der biomedizinischen Forschung ein. Grundgedanke ist, dass bessere Forschung Mensch und Tier gleichermaßen nützt. Die Initiative unterstützt Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei der Recherche von Daten aus Tierversuchsstudien und dem Erstellen von wissenschaftlichen Übersichtsarbeiten und zusammenfassenden Analysen mehrerer Studien. Darüber hinaus vermittelt sie Wissen darüber, woran man gute Studien erkennt und wie man es gegebenenfalls besser macht. „Gute Forschung zeichnet sich dadurch aus, dass ein Versuch robust, auf den Menschen übertragbar und von wissenschaftlichem Nutzen ist“, erklärte Sarah McCann von CAMARADES. Das bedeute auch, dass sich Forschende einen Überblick verschafften, welche Daten aus Tierversuchen bereits vorhanden seien oder welche tierfreien Methoden für die jeweilige Fragestellung möglicherweise besser geeignet wären. „Letztlich hilft gute Forschung, zahlreiche unnütze Tierversuche zu vermeiden und Tierleid zu lindern“, sagte sie. „Und dabei unterstützen wir.“ 
Mehr Wohlbefinden, weniger Stress für die Tiere.

Dr. Annemarie Lang von der Klinik für Rheumatologie und klinische Immunologie nähert sich dem Tierwohl auf andere Art und Weise. Sie will die Lebensqualität von Mäusen und Ratten verbessern, die für die Erforschung von Knochenkrankheiten respektive Frakturheilung noch benötigt werden. Dazu gehört in erster Linie ein effektives Schmerzmanagement. Üblicherweise bekommen die Tiere nach einer Operation alle 6 Stunden eine Spritze mit dem Schmerzmedikament Buprenorphin. Die häufigen Injektionen sind sehr belastend für die Tiere. Annemarie Lang forscht darum an schonenderen Möglichkeiten. In einer aktuellen Studie testet sie gerade gemeinsam mit einem Forscherteam aus Basel eine Depotspritze, die bereits in Vorstudien erfolgreich getestet wurde. „Das Retard-Präparat setzt bis zu 72 Stunden gleichmäßig den schmerzstillenden Wirkstoff frei und erspart den Tieren so unnötigen Stress“, berichtete sie. „Deswegen favorisieren wir diese Lösung.“ Wermutstropfen: Noch sind in Europa keine Retard-Präparate auf dem freien Markt erhältlich. Aufgrund des großen Bedarfs sind die Forscher nun mit potenziellen Partnern im Gespräch, die Depotspritze in Berlin zu produzieren. Last but not least erinnerte die Veterinärmedizinerin daran, die Käfig-Umgebung der Nager zu bereichern, etwa durch geeignetes Nestmaterial, Schaukeln oder Versteckmöglichkeiten. Für mindestens ebenso wichtig hält sie das sogenannte Tunnel-Handling, also den Transport via Kunststoffröhre statt per Hand. Laut wissenschaftlichen Studien sei es erwiesen, „dass dieses Handling sehr viel stressfreier für die Tiere ist.“ Die Arbeit demonstriert, dass durch kleine Veränderungen im Laboralltag das Wohlbefinden der Tiere erheblich gesteigert werden kann. 

Poster-Session
Annemarie Lang, Sarah McCann und Morris Baumgardt waren drei von sechs Rednerinnen und Rednern, die ihr 3R-Projekt am 24. Februar live vorstellen konnten. 16 weitere Projekte wurden per Poster präsentiert, darunter 5 Videos. Am Ende des Tages hatte der wissenschaftliche Beirat von Charité 3R die Qual der Wahl, das beste PDF-Poster und das beste Video auszuwählen. „Wir haben beeindruckende Arbeiten gesehen und die Auswahl fiel uns wahrlich nicht leicht“, sagte Beiratsmitglied Prof. Peter Kunzmann aus Hannover. „Letztlich kann aber immer nur einer gewinnen, so sind nun mal die Spielregeln“, fügte Beiratsmitglied Tom Bengtsen aus Dänemark hinzu, und verkündete gemeinsam mit Peter Kunzmann die Gewinner des Poster-Awards. Ein weiterer Preis wurde nach Auswahl durch das Konferenz-Publikum vergeben.

Nach spannenden vier Stunden Symposium gab es abschließend noch eine Meet & Greet-Session, bei der sich die Teilnehmenden an virtuellen Tischen treffen und sich über das Symposium und andere Themen austauschen konnten. Nur für das passende Getränk musste jeder am heimischen Schreibtisch selbst sorgen.

(Text: Beatrice Hamberger)

Kontakt

Dr. Julia Biederlack

Stellvertretende Leitung der Geschäftsstelle, Koordination Kommunikation und ÖffentlichkeitCharité – Universitätsmedizin Berlin

Postadresse:Charitéplatz 110117  Berlin

Campus- bzw. interne Geländeadresse:Reinhardtstr. 58 | 10117 Berlin



Zurück zur Übersicht